Gartentipp des Monats

Wir starten mit 10 guten Vorsätzen in das neue Gartenjahr. Wer macht mit? Hier sind unsere Anregungen für einen rundum glücklichen Garten.

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Von Wegelagerern und Vagabunden - Zweijährige Stauden

Wer seinen Garten plant, ein Staudenbeet anlegt und bepflanzt, hat oft eine genaue Vorstellung davon, wie sein Werk einmal aussehen soll. Ein oder vielleicht zwei Jahre gibt man der Pflanzung zum Zusammenwachsen, danach soll sie "stehen" - und gut aussehen, für immer!

Immer auf Wanderschaft: Eine zweijährige Distel, die wilde Karde, sucht sich ihren Platz in einem englischen Landhausgarten

Doch ein Garten ist kein statisches Konstrukt. Nicht alle schön blühenden Stauden im Garten bleiben gehorsam an ihrem zugewiesenen Standort. Manche sind darauf programmiert, auf Wanderschaft zu gehen.

Zweijährige Stauden bilden nach der Keimung des Samens vor allem Blattmasse, überwintern als Blattrosette oder in schlafenden Knospen und kommen erst im zweiten Jahr zur Blüte. Wenn die Mutterpflanze ihre Kraft mit der Bildung von Samen verbraucht hat, stirbt sie ab - und verlässt sich darauf, dass der Nachwuchs, den sie reichlich verteilt hat, den Lebenszyklus fortführt.

Auch wenn diese Art der Lebensführung einer planvollen Gartengestaltung zu widersprechen scheint: Es lohnt sich, zweijährigen Stauden im Garten einen Freiraum zu geben, in dem sie Fuß fassen können. Sie belohnen uns mit großer Blütenfülle und lebendigen, immer wieder neuen und überraschenden Gartenbildern.

Nachtkerze - Oenothera biennis

Charakteristisch treten zweijährige Pflanzen in der freien Natur vor allem an den Standorten auf, die plötzlich frei geworden sind: In explosionsartiger Geschwindigkeit besiedeln sie frisch angerissene Böschungen, Ufersäume, Hangrutsche oder neu entstandene Lichtungen. Auch überall da, wo der Mensch Veränderungen in der Landschaft verursacht, tauchen sie auf: Schuttdeponien, Eisenbahndämme und Wegränder sind die klassischen Lebensbereiche, die zweijährigen Pflanzen zusagen.

Die strahlend gelb blühende, süß duftende Nachtkerze (Oenothera biennis) wird deshalb auch gelegentlich "Eisenbahnerpflanze" genannt. Ihren Duft verströmt sie erst abends und lockt damit die in der Dämmerung fliegenden Nachtfalter an. Die gleiche Strategie verfolgt auch die Nachtviole (Hesperis matronalis), die als beliebte Bauerngarten-Staude schon seit Jahrhunderten ihren Platz in unseren Gärten sicher hat. Auch sie ist zweijährig und auf Selbstaussaat angewiesen.

Mach deinen Schottergarten bunt!

Viele der Arten, die sich auf die schnelle Besiedlung von offenen Böden spezialisiert haben, sind hervorragend geeignet, um heiße, trockene und steinige Flächen neu zu beleben. Also: Wenn ihr euch entschließt, euren Schottergarten umzugestalten, Vlies und Folie herauszuziehen und eine bunte Pflanzenvielfalt neu anzusiedeln, helfen euch dabei schnell und gründlich:

1. Natternkopf - Echium vulgare
2. Königskerze - Verbascum densiflorum
3. Nachtkerze - Oenothera biennis
4. Muskateller-Salbei - Salvia sclarea
5. Kugeldistel - Echinops sphaerocephalus
6. Wilde Karde - Dipsacus fullonum
7. Färberkamille - Anthemis tinctoria
8. Wilde Möhre - Daucus carota
9. Färberwaid - Isatis tinctoria
10. Graukresse - Berteroa incana
11. Gelber Steinklee - Melilotus officinalis
12. Wilde Pastinake - Pastinaca sativa
13. Färber-Resede - Reseda luteola

Tipp: Aussaatmischungen mit robusten zweijährigen Wildarten für Schmetterlinge und Bienen finden sich im Fachhandel, z.B. unter dem Titel "Bunter Saum". Einige gartenwürdige Arten sind auch als vorgezogene Jungpflanzen beim Staudengärtner erhältlich.

Was wächst denn hier? Die dicht behaarten, grau-grünen Blätter verraten: Eine Königskerze bereitet sich auf die Blütezeit im Frühsommer vor.

Viele der Zweijährigen stecken ihre ganze Kraft in die "Werbung": In verschwenderischer Blütenfülle verschießen sie in ihrem zweiten Standjahr ihr gesamtes Feuerwerk, um schließlich Unmengen von Samen zu produzieren. Und genau diese Pracht ist es, die zweijährige Stauden für unsere Gärten interessant macht. An Wuchskraft und Blütenpracht lassen sie sich so leicht nicht übertreffen. Wenn die Königskerze (Verbascum) ihre majestätisch leuchtenden Blütenstände der Sonne entgegen streckt, muss man nicht lange rätseln, wie sie zu ihrem Namen gekommen ist. Eigentlich ein typischer Besiedler heiß-trockener Plätze auf Schutthalden oder schottrigen Wegesrändern, ist sie auch auf wasserdurchlässigen Standorten im naturnahen Hausgarten gut aufgehoben. Mit einer langen Pfahlwurzel erreicht sie Wasservorräte tief im Boden und ist deshalb besonders widerstandsfähig gegen Hitze und Trockenheit.

Ein schöner Empfang: Diese Königskerze hat sich einen Platz neben dem Gartentor erobert

Sämlinge erkennen!

Mit der Wanderlust der Zweijährigen richtig umzugehen, will gelernt sein: Nicht überall im Hausgarten sind ausbreitungsstarke Sämlinge willkommen, andererseits verschwinden die vagabundierenden Gäste, wenn ihr Nachwuchs nicht die richtigen Keimbedingungen vorfindet oder von allzu eifrigen Gärtnerhänden "weggepflegt" wird. Wohl dem, der die Sämlinge seiner Lieblingspflanze bereits im Keimstadium von unerwünschten Pflanzen unterscheiden kann. Doch auch, wenn einmal Zweifel aufkommen: Interessanter ist es, ein unbekanntes Kraut erst einmal stehen zu lassen, um zu sehen, was daraus wird! Vielleicht ist es eine angenehme Überraschung?

Roter Fingerhut - Digitalis purpurea

Zu den bekanntesten Zweijährigen im Garten zählt der Rote Fingerhut (Digitalis purpurea), der in ganz Mitteleuropa an sonnigen Gehölzrändern oder auf Lichtungen vorkommt. Im Garten machen sich seine himbeerroten oder weißen Blütenkerzen hervorragend als Begleiter für Bauerngarten-Stauden oder Rosen. Extrem heiße Standorte mag der Rote Fingerhut nicht. Er ist aber erstaunlich anpassungsfähig, verträgt zeitweilig Trockenheit und kann auf mageren oder fetten Böden an sonnigen bis schattigen Plätzen gedeihen. Achtung: Alle Fingerhut-Arten sind stark giftig!

Silbertaler - Lunaria annua

Ein Klassiker im Bauerngarten ist der Silbertaler (Lunaria annua), dessen silbrige Samenstände beliebtes Bastelmaterial für herbstliche Dekorationen sind. Zur Blüte kommt der Silbertaler im April. Dann setzt sein tiefes Violettblau einen aufregenden Akzent in Kombination mit Tulpen oder Narzissen. Schmetterlinge wie der Aurora-Falter nutzen den Silbertaler gern als Futterquelle.

Elfenbeindistel - Eryngium giganteum

Zu Unrecht noch wenig bekannt ist die wunderschöne Elfenbeindistel (Eryngium giganteum). Ihr verzweigter Blütenstand leuchtet zur Blütezeit silbrig und bildet einen spannenden Kontrast zu zarten Blatt- und Blütenstrukturen benachbarter Gräser und Stauden. Die Elfenbeindistel versamt sich zuverlässig und ist nicht wählerisch, was ihren Standort angeht. Nur ausreichend Sonne muss man ihr bieten.

In England ist die attraktive Bienenstaude unter dem Namen "Miss Wilmott's Ghost" verbreitet. Eine Anekdote erzählt, dass besagte Miss Wilmott, eine begeisterte Gärtnerin, immer einige Samen ihrer erklärten Lieblingspflanze in ihrer Rocktasche bei sich trug und diese unauffällig ausstreute, wenn sie fremde Gärten besuchte. Im Jahr darauf erschien die Distel auf einmal in Beeten, in die sie nie gepflanzt wurde - wie der Geist von Miss Wilmott.

Ein Stieglitz sammelt die nahrhaften Samen der Kardendistel (Dipsacus strigosus)

Ein wilder Geselle für naturnahe Wildstaudensäume ist die Wilde Karde (Dipsacus fullonum) . Die sperrige Gestalt sorgt bis in den Winter für Struktur im Garten. Sie ist für Hummeln, Käfer, Spinnen und allerhand andere Insekten unverzichtbarer Lebensraum, Unterschlupf und Auftankstation. Nicht nur, dass ihre Blüten Nektar produzieren. Nach starken Regenfällen bleibt für einige Zeit Wasser in den verwachsenen Blattachseln stehen - ein natürlicher Trinknapf für Vögel und Insekten. Im Herbst turnen oft Stieglitze auf der Suche nach Samen an den starren Blütenköpfen. Die verwandte Schlanke Karde (Dipsacus strigosus) ist eine aus östlichen Steppengebieten eingewanderte und mittlerweile bei uns eingebürgerte Art.

Ein Schwalbenschwanz tankt Nektar am Natternkopf (Echium vulgare)

Nahrung für Insekten und Vögel produziert auch der eigenwillige Natternkopf (Echium vulgare): Die genügsame heimische Wildstaude, die im frühen Sommer auf mageren, warmen Böschungen oder Straßenrändern strahlend blau blüht, bildet Samen, die unter anderem bei Spatzen beliebt sind. Hitze und Trockenheit machen dem Natternkopf wenig aus. Mit einem Kleid aus borstigen Pflanzenhaaren schützt er seine Stengel und Blätter gegen Verdunstung. Gemeinsam mit der ebenfalls trockenheitsverträglichen, gelb blühenden Königskerze bildet er einen bunten Blickfang für naturnahe Gärten.

Umpflanzen? Nein, danke...

Umpflanzen lassen sich die meisten Zweijährigen nicht gerne. Allenfalls früh im ersten Standjahr verkraften die Sämlinge das vorsichtige Ausgraben und Umsetzen. Ältere Pflanzen bilden in der Regel dicke, fleischige Pfahlwurzeln, die auf Störung äußerst empfindlich reagieren. Besser ist es also, den Landstreichern mit Gelassenheit und Neugierde zu begegnen und sie allenfalls dort auszudünnen, wo sie allzu üppig auftreten. Die interessantesten Gartenbilder malt oft genug der Zufall.

Ein Zufallselement als Hingucker im geordneten Garten: Engelwurz (Angelica archangelica, rechts im Bild)

Im Mittelalter als Heilpflanze hoch geschätzt, ist die Engelwurz (Angelica archangelica) heute ein fast vergessenes Wildkraut, das größtenteils unerkannt in Uferstreifen gedeiht. Doch auch im Ziergarten kann die markante Zweijährige mit den auffälligen Doldenblüten interessante Akzente setzen: Mit bis zu zwei Metern Höhe wächst sie in nur zwei Jahren zu einem echten Giganten heran. Im Handel sind auch dunkel purpur blühende Exemplare zu bekommen. Willig versamt sich die heimische Engelwurz vor allem auf eher nährstoffreichen und nicht zu stark austrocknenden Böden. Man sollte sie nicht verwechseln mit dem eingeschleppten Herkuleskraut oder auch Riesen-Bärenklau (Heracleum mantegazzianum), der sich unkontrolliert ausbreitet und durch die hautreizende Wirkung seiner giftigen Pflanzensäfte von sich reden gemacht hat.

Holzbiene an Muskateller-Salbei (Salvia sclarea)

Salbei-Arten sind Sonnenanbeter. Als prachtvoller Spezialist für heiß-trockene Plätze macht auch der zweijährige Muskateller-Salbei (Salvia sclarea) in voller Sonne auf durchlässigen Böden die beste Figur. Seine großen, hellvioletten Lippenblüten kombiniert er mit rosa überhauchten Hochblättern und lockt so einen ganz besonderen Sommergast an: Unsere größte heimische Wildbiene, die Schwarze Holzbiene, findet sich hier gern zur Nektarsuche ein.

Eselsdisteln (Onopordium acanthium) treten mitunter in Massen auf, können sich aber nur auf offenen Böden wieder aussäen

Zum Schluss noch einmal Werbung in Sachen Disteln: Wenn Erdaushub oder Bauschutt etwas länger als ein Jahr unberührt auf Halde liegen, passiert gelegentlich etwas Wunderbares: Die Eselsdistel (Onopordium acanthium) taucht auf! Die Extremerscheinung unter den Wegelagerern kann problemlos 2 m oder höher wachsen. Sie verbreitet sich oft schlagartig auf sonnigen, offenen Böden und zündet ein wahres Fest für Bienen, Schmetterlinge und Vögel. Ihre großen, blauvioletten Blüten, die entfernt an eine Artischocke erinnern, versorgen einen Sommer lang zahlreiche heimische Tierarten mit reichlich Nahrung. Danach ist sie darauf angewiesen, für die neue Saat wieder offene Böden zu finden. Ansonsten verschwindet sie genauso schnell und geheimnisvoll, wie sie erschienen ist.