Gartentipp des Monats

Wir starten mit 10 guten Vorsätzen in das neue Gartenjahr. Wer macht mit? Hier sind unsere Anregungen für einen rundum glücklichen Garten.

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Schotter und Kies - Gärten zum Gruseln?

Der Garten ist ein Stück Natur vor der Haustür, eine grüne Oase, ein Rückzugsraum in hektischen Zeiten, der uns im wahrsten Sinn des Wortes "erdet" und im Idealfall gesundes und schmackhaftes Obst und Gemüse produziert.

Hells Jingle Bells

Wie jeder Bereich unseres Lebens ist auch der Garten Moden und Trends unterworfen. Nicht immer haben die mit seinem ursprünglichen Zweck zu tun. Problematisch wird das, wenn der Garten gar nicht mehr als solcher zu erkennen ist. Eine Entwicklung, die Fachleute mit einem lachenden und einem weinenden Auge betrachten - aber, um ehrlich zu sein, mehr mit dem weinenden - ist die Begeisterung für Kies und Schotter, die derzeit bei Gartenbesitzern landauf landab um sich greift und bisweilen absonderliche Formen annimmt.

Stein und Formschnittgehölz = moderner Garten?

In jedem Wohngebiet sehen wir sie, die minimalistischen Schotterwüsten, dekoriert mit einem vereinsamten Buchsbaum, versiegelt mit Wurzelschutzfolie und aufgeschüttet mit allem an fröhlich buntem Gestein, was der Baustoffhändler unseres Vertrauens eben liefern konnte, aus China oder Indien. Was Fachkollegen bis vor wenigen Jahren noch als Witz geäußert haben - "Na, dann betoniert Euren Garten am besten zu…" - heute ist es Wirklichkeit geworden. Während sich ein wachsender Teil der Bevölkerung zu Recht Gedanken um den Verlust des Artenreichtums in unserer Umwelt macht, ist ein spezielles Segment begeisterter Häuslebauer munter dabei, auch noch den letzten Zipfel ihres teuer erworbenen Grundstücks hermetisch zu versiegeln - auf dass nicht etwa ein Bodenlebewesen auf die Idee käme, sich hier unkontrolliert zu betätigen. Oder gar ein Grashalm, schreckliche Vorstellung.

Der Steppengarten im Staudensichtungsgarten Weihenstephan ist ein Musterbeispiel für blühendes Leben auf steinigem Substrat. Hier finden sich Färberkamille, Königskerzen, Elfenbeindistel, Kugellauch und Alpen-Mannstreu

Geht's nicht auch anders?
Es wäre sicher falsch, den Kies an sich zu verteufeln. Steiniges Material an heiß-trockenen, sonnigen Standorten kann, mit sonnenliebenden Blütenstauden bepflanzt, ein wahres Paradies für Insekten und Kleintiere wie die Zauneidechse sein. Staudenpflanzungen, die an heißen und trockenen Standorten auf einem steinigen Grundsubstrat gedeihen, dürfen ohne weiteres mit einer Schicht aus mineralischem Material gemulcht werden. So lassen sich bunte Blüten auf Verkehrsinseln bringen, im Hausgarten an südausgerichtete Böschungen oder vor eine heiße Südwand. Auch Aussaaten von heimischen Wildblumen gedeihen hervorragend auf mageren, sandigen und steinigen Substraten.

Ein Kiesweg mit Trockenmauer, begrünt mit sonnenliebenden Gewächsen

Genau da liegt der Unterschied zur minimalistischen Schotterwüste: Wer einen Sonderstandort, der sowieso schon heiß und trocken ist, mit Schotter aufmischt, um dort Pflanzen anzusiedeln, die auch in der freien Natur an solchen Stellen gedeihen, der ist auf dem richtigen Weg zu einer blütenreichen, pflegeleichten, naturnahen Pflanzengesellschaft, glückliche Bienchen inklusive. Die Pflanzenauswahl, die auf diesem Sonderstandort gedeiht, muss nicht gegossen oder gedüngt werden - eine prima Idee zur Arbeitserleichterung also.

Es gibt keinen pflegelosen Garten!
Ein typischer Dialog mit Schottergarten-Fans läuft meist auf die Aussage hinaus, der Garten solle möglichst pflegeleicht sein. Dabei wird allzu oft "pflegeleicht" gesagt und "pflegelos" gemeint. Der Wunsch, sich die Pflege des Gartens zu erleichtern, ist sicher nachvollziehbar. Doch wer Wurzelschutzfolie und Gesteinsmassen einbaut und sich vorstellt, er hätte damit jeglichen Bewuchs auf seinem Gartengrundstück verhindert, dem unterläuft ein kapitaler Irrtum. Diese Milchmädchenrechnung geht nicht auf.

Die Natur erobert Fläche zurück: An einem trocken gefallenen Uferstreifen blühen erste Wildblumen

Ein Blick in die freie Natur genügt, um den Denkfehler zu erkennen: In den gemäßigten Zonen Mitteleuropas sind Schotter- oder Kiesflächen ohne Bewuchs höchst selten zu finden. Es gibt sie immer nur da, wo dynamische natürliche Prozesse ablaufen. Da sind zum einen Schotterhalden unterhalb von Felsköpfen oder Klippen, die durch Verwitterungsprozesse entstehen und ständig nachrutschen. Zum anderen lagern Gewässer an seichten Abschnitten Kiesbänke ab, die bei Niedrigwasser sichtbar sind und bei Hochwasser wieder überschwemmt werden. Kommt diese Dynamik aus dem ein oder anderen Grund zur Ruhe, grünt sich eine offene Fläche aus Lockergestein innerhalb weniger Jahre von selbst ein. Zahlreiche Pioniergewächse haben sich darauf spezialisiert, nackte Stellen in der Landschaft möglichst effektiv mit einem grünen Mantel zu bedecken.

Mit Pionierpflanzen, oft einheitlich als Unkraut deklariert, reagiert das Ökosystem auf kahle Stellen. Mutter Natur verarztet sich selbst, wenn wir sie lassen.

Das passiert auch im Vorgarten, Wurzelschutzfolie hin oder her. Zwischen den Steinen lagert sich durch Luftbewegung Staub und organische Masse an. Keimt dort ein vom Wind her gewehtes Samenkorn, geht die erste Generation Löwenzahn vielleicht noch ein, doch diese winzige Menge abgestorbene Pflanzenmasse wird zu Humus  - und schon hat das nächste Samenkorn bessere Überlebenschancen. Dass die Wurzeln in 20 cm Tiefe von einer Folie gebremst werden, stört die robusten Alleskönner unter den Pflanzen wenig.

Viele Pflanzen kommen mit flachgründigen Standorten klar: Bunte Alm-Matten in den Französischen Alpen

Wie gut eine dichte natürliche Vegetation mit geringer Bodenauflage leben kann, weiß jeder, der schon einmal in den Alpen oder in der Fränkischen Schweiz wandern war. Nur da, wo unsere Füße ständig einen Trampelpfad benutzen oder Maschinen einen Feldweg befahren, wächst wirklich nichts im Schotter.

Ein ambitionierter Schotter-Purist wird also wohl oder übel gezwungen sein, spätestens im dritten oder vierten Jahr nach der Neuanlage seiner Lava-Wüste ans Unkraut-Zupfen und Blätter-Lesen zu gehen. Das dürfte alles andere als arbeitssparend sein.

ACHTUNG! Falls irgendjemandem die Finger jucken, eben doch einmal zur chemischen Keule zu greifen: Laut Pflanzenschutzgesetz ist der Einsatz von Unkrautvernichtern auf befestigten Flächen streng verboten. Und zu diesen zählt eine Fläche, die mit Folie abgedeckt und mit Schotter aufgefüllt wurde! Grund für das Verbot: Befestigte Flächen haben keinen Puffer oder Filter für schädliche Stoffe. Speziell der viel diskutierte Wirkstoff Glyphosat richtet extremen Schaden an, wenn er durch Regen abgespült wird und in die Bäche gelangt. Dort tötet er Wasserlebewesen und zerstört das ökologische Gleichgewicht des Lebensraums Wasser. Das ist kein Kavaliersdelikt. Deshalb Finger weg von Chemie im Hausgarten!

Hitze im Sommer wird durch flächige Steinwüsten im Vorgarten verstärkt

Ein weiterer Faktor erweist sich als Problem, wenn wir die Masse von Stein im Umfeld unserer Häuser betrachten: die Hitze-Falle. Bereits jetzt berechnen Klimamodelle die durchschnittliche Temperatur von Innenstädten als 5 bis 10 Grad höher im Vergleich zum Umland. Gerade im Zug der Klimaveränderung steigt die Häufigkeit von extremen Hitzewellen, wie die Sommer 2015, 2018 und 2019 gezeigt haben. In Großstädten werden aufwändige Fassadenbegrünungssysteme in Erwägung gezogen, die das erbarmungslose Abkochen der Glas- und Stahl-Bürokomplexe bremsen sollen. Die Eingrünung von Innenstädten mit trockenheitsverträglichen Straßenbäumen wird immer wichtiger. Kein Wunder, dass Fotos von geschotterten Vorgärten ohne Baum und Strauch mit schöner Regelmäßigkeit auch heruntergelassene Rollläden an den dazu gehörigen Wohnhäusern zeigen. Stein heizt sich in praller Sonne auf wie eine Ofenplatte und gibt diese Wärme auch lange nach Sonnenuntergang noch an die Umgebung zurück. Von Abkühlung an heißen Sommertagen ist in solchen Wohnsituationen nur hinter verschlossenen Läden zu träumen.

"Geschmacksache" sind ausgeräumte Gärten, in denen flächig auf vegetationslose Steinschüttungen gesetzt wird, also tatsächlich nicht. Sie sind ein ökologischer Totalausfall, der nicht einen einzelnen Grundstücksbesitzer, sondern die Allgemeinheit betrifft.

Weg nach vorn: Schottergarten bepflanzen!

Hoffnung gibt es für alle, die sich am Ende eingestehen, dass sie - vielleicht falsch beraten - mit ihrem "modernen" Schotter-Entrée eine Fehlentscheidung getroffen haben. Grünen Sie die Wüste einfach wieder ein, mit bunten Blumen, wenn's geht! Die passende Saatgut-Mischung empfiehlt Ihnen gerne die Kreisfachberatung im Landratsamt Bamberg.

Sehr gute Empfehlungen zur Gestaltung von Kies- und Schottergärten gibt die Landesanstalt für Gartenbau und Weinbau in Veitshöchheim:

LWG - Merkblatt Schotter- und Kiesgärten LWG - Pflanzen für Kies und Schotter

Auch in unserer Galerie finden Sie viele Blütenpflanzen, die Ihnen gerne behilflich sind, eine nackte Steinfläche in eine attraktive Blühfläche zu verwandeln und aus dem Minus ein ökologisches Plus zu machen.

Allerdings: Damit diese Wiederbegrünung funktioniert, muss der Standort sonnig sein und die Folie muss raus!