Wir starten mit 10 guten Vorsätzen in das neue Gartenjahr. Wer macht mit? Hier sind unsere Anregungen für einen rundum glücklichen Garten.
Obstgehölze veredeln - Alte Sorten erhalten
Das Vermehren von Obstgehölzen durch Veredelung ist eine uralte Handwerkstechnik des Obstbaus, die schon aus der Antike belegt ist. Nördlich der Alpen hielt die Kunst der Obstveredelung mit den Römern Einzug, die aus ihrer Heimat im Mittelmeerraum eine hoch entwickelte Obst- und Gartenbautradition mitbrachten.
Was bedeutet "Veredeln" im Obst- und Gartenbau?
Wird ein Obstgehölz, eine Rose, ein Zierstrauch, eine Weinrebe oder auch eine Gurkenpflanze "veredelt" bedeutet das, eine ausgewählte Sorte wird mit einer Wurzelunterlage so verbunden, dass die beiden lebenden Teile an der Schnittstelle zusammenwachsen. Ergebnis ist eine einzige Pflanze, die aus der Edelsorte auf einer genetisch unterschiedlichen Wurzelunterlage besteht.
Warum werden Pflanzen veredelt?
Bei jeder Form der geschlechtlichen Vermehrung, also bei der Bildung von Samen, geschieht eine Neukombination von Erbanlagen. Dieser Mechanismus der Evolution sorgt dafür, dass Arten sich durch zufällige Veränderungen ihrer Eigenschaften an Veränderungen in ihrer Umgebung anpassen können.
In der Züchtung macht der Mensch sich dieses Phänomen zu nutze, indem er gezielt Pflanzen mit bestimmten gewünschten Eigenschaften miteinander kreuzt, um ein nach menschlichen Maßstäben "besseres" Ergebnis zu erzielen - z.B. einen Apfelbaum mit großen roten Früchten, die sich besonders lange lagern lassen. Nennen wir diesen einen Mutterbaum, der entweder das Ergebnis der mühevollen Züchtungsarbeit eines unbekannten Obstbauern ist oder vielleicht als Sämling zufällig entstand, in unserem Beispiel einfach einmal 'Roter Eiserapfel'.
Jeder Apfelkern trägt die genetischen Informationen der beiden Elternpflanzen, die an der Bestäubung beteiligt waren. Aus der Neukombination der Erbanlagen entsteht unweigerlich durch Aussaat ein neues Individuum mit neuen Eigenschaften.
Möchten wir also die Sorteneigenschaften des 'Roten Eiserapfels' verbreiten und für nachfolgende Generationen erhalten, müssen wir die Aussaat umgehen und unseren ausgewählten Apfel ungeschlechtlich - vegetativ - vermehren.
Besonders gut und schnell geht das, indem der unbekannte Obstbauer junge Triebe von seinem Mutterbaum abschneidet und sie mit bereits vorgezogenen, jungen Obstbäumen durch Kopulation oder Pfropfen verbindet. Bei einer gelungenen Veredelung verwachsen Wurzelunterlage und Edelsorte so gut miteinander, dass sie eine homogene Einheit bilden und auf Jahrzehnte stabil weiter wachsen. Das ist besonders bei langlebigen Kulturpflanzen wie Obstbäumen wichtig.
Welchen Einfluss hat die Wurzel?
Durch die Wahl der Wurzelunterlage ergibt sich die Möglichkeit, die Wachstumseigenschaften eines Obstgehölzes zu beeinflussen: Eine schwach wachsende Wurzel ergibt handliche Spalier- oder Spindelbäume, eine stark wachsende Unterlage produziert kräftige Bäume mit großen Kronen für Streuobstwiesen.
Von der Vergangenheit in die Zukunft - Sortenerhalt durch Veredeln
Unser Beispiel, der 'Rote Eiserapfel', zählt tatsächlich zu den ältesten bei uns bekannten Apfelsorten. Bereits 1539 ist er erstmals erwähnt. Über fast 500 Jahre hinweg gab es immer wieder Obstbauern, die von ihm Edelreiser geschnitten, ihn neu veredelt und jung ausgepflanzt haben. Das ist eine faszinierende Vorstellung - und Grund genug, die Kunst des Veredelns selbst zu lernen.
Am besten ist das Veredeln in der Praxis zu vermitteln. Die nötigen gartenbaulichen Kunstgriffe erfordern etwas Übung. Für Fans alter Obstsorten bietet das Veredeln die Möglichkeit, sich intensiv mit dem Erhalt der Kulturpflanzenvielfalt zu beschäftigen.
Die Praxis des Veredelns - Was braucht man zum Veredeln?
In der Kulturgeschichte des Obstbaus hat sich eine Vielzahl von Veredelungstechniken entwickelt. Ihnen gemeinsam sind die Grundlagen, die zum Einsatz kommen. Benötigt werden:
1. Unterlage
- geeignete Jungpflanze, auch Wildling
- gesunder Obstbaum, dessen Sorte verändert werden soll
2. Edelreis
Gut ausgereifter, einjähriger Trieb des Baumes, dessen Sorteneigenschaften vermehrt werden sollen.
- Winterreis: Im Dezember/Januar geschnitten und ab da bis zum Frühjahr kühl gelagert, für Kopulation oder Pfropfen
- Sommerreis: Im Sommer geschnitten, für Okulation oder "Chip budding"
3. Hilfsmittel
- Veredelungsmesser
- Bindematerial (Bast, Kunststoffbänder, Okulationsschnellverschluss)
- Baumwachs (zum Verstreichen der Veredelungsstelle)
Wie wird veredelt?
Die häufigsten Veredelungstechniken bei Obstbäumen sind:
- Kopulation
- Pfropfen hinter die Rinde
- Okulation
- Chip budding
Die wichtigsten Grundlagen und Fachbegriffe hat der Bayerische Landesverband für Gartenbau und Landespflege in seinem Fachblatt "Veredelung von Obstgehölzen" zusammengefasst, dass beim Obst- und Gartenbauverlag erhältlich ist. Hier ist die digitale Version einsehbar:
Mit freundlicher Genehmigung des Obst- und Gartenbauverlags
In diesem Video erklärt Kreisfachberaterin Claudia Kühnel das Pfropfen hinter die Rinde eines Apfelbaums: